10 Jahre Melisa Schwermer

Scheitern als Chance …

Kurz nachdem ich mit der Katzenlady so unfassbar viele Leserinnen und Leser erreicht hatte, sah ich in einer Gruppe für Horrorliteratur eine Ausschreibung. Jürgen Eglseer vom Amrun Verlag suchte Kurzgeschichten für eine Horror-Anthologie. Das klang für mich nach einer prima Gelegenheit, neue Leute zu erreichen, also setzte ich mich hin und überlegte mir eine Story.

Das angedachte Thema für diese Anthologie war „Böses Frühstück“ und so kam mir eine Frau in den Sinn, die sich auf einer einsamen Berghütte befindet und von einem Sauerteigbrot mit Eigenleben überrascht wird. Ursprung dieser Geschichte war wieder ein Traum von mir, den ich immer wieder mal hatte (heute zum Glück nicht mehr) und wegen dem ich bis heute keinen Kaugummi essen kann. In diesem Albtraum vermehrte sich der Kaugummi in meinem Mund, der Batzen wurde immer größer und egal, wie sehr ich mich bemühte, ihn auszuspucken, das hat einfach nicht funktioniert. Das ekelhafte Zeug klebte an meinen Zähnen, verfing sich darin und immer, wenn ich es gerade geschafft hatte, ein Stück zu entfernen, wuchs das Zeug im Mund einfach nach.

Voller Inbrunst schrieb ich also über diese Frau, die in ein Stück Brot beißt und daran jämmerlich erstickt. Nach ordentlichem Korrekturlesen reichte ich die Geschichte selbstbewusst ein, fand ich sie doch wirklich gelungen, – und bekam eine Absage. Jürgen schrieb mir (ich hoffe, ich bekomme es noch zusammen), dass die Geschichte durchaus Potenzial hätte, er aber nicht das Gefühl habe, sie wäre zu Ende geschrieben. Er riet mir dazu, der Sauerteig-Geschichte doch ein ordentliches Ende zu verpassen, wenn sie es auch trotzdem nicht in die Anthologie schaffen würde.

Im ersten Moment war ich ziemlich enttäuscht, nicht unter denjenigen zu sein, die in die Horror-Anthologie aufgenommen wurden. Dieses Gefühl überwand ich aber schnell und überlegte mir, was man stattdessen aus der Kurzgeschichte machen könnte, änderte den Anfang ein wenig um und fügte eine böse menschliche Komponente hinzu. Nun war nicht mehr das Brot der Täter, sondern ein Mann mit ziemlich fiesen Motiven. Zu diesem Zeitpunkt las ich eine Menge Richard Laymon-Bücher (eines davon findet auch Erwähnung in der Hütte) und was am Ende dabei herauskam, ist deutlich von ihm inspiriert. Es wurde das Buch „Injektion“ daraus. Ein passendes Cover war schnell gefunden, auch dieses gestaltete ich wieder selbst und auch für die heutigen Ansprüche ist es mir ziemlich gut gelungen.

Ohne große Erwartungen lud ich das Buch auf Amazon hoch, ich wollte es auf keinen Fall in der Schublade vergammeln lassen. Was dann passierte, übertraf meine kühnsten Erwartungen. Die Verkäufe stiegen täglich an, ich erreichte die Top 100 der Kindle-Charts und kaufte eine Flasche Sekt, um mit meinem Freund anzustoßen. Positive Rückmeldungen wurden auf Amazon abgegeben, erste Bloggerinnen und Blogger besprachen das Buch und eines Tages schaute ich auf die Platzierungen und fiel beinahe hinten über. Injektion, die Kurzgeschichte, die zu Ende geschrieben werden wollte, stand auf Platz 19 der Kindle-Charts. Top 20. Eines der 20 bestverkauften E-Books auf Amazon. Ich durfte sogar ein wenig Geld damit verdienen, und zwar mehr als nur 3,20 Euro pro Monat. Noch heute schlägt mein Herz höher, wenn ich daran denke, immerhin befand ich mich in der Endphase meines Studiums, Geld war seit Jahren für mich quasi nicht vorhanden, ich lebte von der Hand in den Mund. Es war wie ein Traum, aus dem ich zum Glück nicht aufgewacht bin und den ich heute noch weiterleben darf, wenn auch mit kleinen Dämpfern zwischendurch.

Mehr dazu im nächsten Post (keine Angst, wir gehen hier nicht jedes einzelne Buch durch, aber am Anfang ist eben so viel passiert, es gab so viel zu lernen und zu erleben für mich, dass ich euch gern darüber berichten möchte)

PS: Später war ich dann übrigens doch in zwei Anthologien des Verlags vertreten, eine davon durfte ich sogar herausgeben. Danke für die zweite Chance

Mit der Geschichte „Das glitzernde Ding“ erreichte ich sogar den dritten Platz des Horror-Awards Vincent Preis für die beste Kurzgeschichte.